Zeitmanagement

Zeit­ma­nage­ment, das

Substantiv, Neutrum Gebrauch: Wirtschaft

[strukturierter] Umgang mit der zur Verfügung stehenden Zeit
Beispiel:

ein effektives Zeitmanagement bei Projekten erspart Ihnen viel Ärger (Duden)

Montag morgen, aufstehen, Kinder wecken, Frühstück zum Gleichessen und Schulbrote fertigmachen, Katzen füttern, Kaffee für drei (2x Milchkaffee, einmal schwarz), Tee für eine (2 Löffel Zucker) vorbereiten. Kind 1 erscheint zum Frühstück, Kind 2 fehlt.

Hochgehen, nachschauen. “Mir ist so schlecht.” Okay, Kind 2 bleibt im Bett. Kind 2 macht normalerweise das morgendliche Hundegassi- also Hundegassi gehen.  Danach Waschmaschine füllen und anstellen. Anstellen. Geht nicht. Piepst. Anstellen. ANSTELLEN! Scheissding.

Weiter im Tag, allgemeine Bürotätigkeit, danach zur Arbeit. Dazwischen Tee kochen fürs kranke Kind, Globuli raussuchen- ups- Schule anrufen. Schnell noch.

Einkaufen, nach Hause fahren, nachdenken: Was passiert mit der Waschmaschine? Der Mechaniker hat beim letzten Ausfall schon eine neue empfohlen. Beeilen. Neuen Tee kochen. Mittagessen machen. Abends Mann über defektes Gerät informieren. Mann baut die Waschmaschine auseinander. Findet einundachtzig Cent in kleinen Münzen in der Pumpe. Das war nicht der Grund. Mann muss noch vor den PC, Problem vertagt.

Dienstag. Wie gestern. Plus ein Kind mit Bindehautentzündung. Arzttermin. Arbeiten. Duschbad ausser Betrieb wegen auseinandergebautem Weißware- Gerät. Immer noch keine Wäsche. Kochen. Post bearbeiten. Anrufe beantworten. 2 Projekte mit Deadline beginnen mir im Nacken zu sitzen.

Mittwoch. Kind 1 wieder gesund. Kind 2 gelangweilt, schlechter Laune. Wünscht Kommunikation. Ich wünsche die Bindehautentzündung, den Scheißhaushalt  und meine To-do- Liste zum Teufel.  Ebay: Gebrauchte Waschmaschine im Umkreis von 50 km gesucht. Fehlanzeige. Preisvergleiche Internet- Warenhäuser und lokale Anbieter. Lokaler Anbieter gewinnt. Hinfahren, Waschmaschine kaufen.  Arbeiten. So tun, als sei ich ausgeglichen, fokussiert, bester Laune.  Heimfahren. Kochen.  Kind 1 fällt die Haustürtreppe runter. Cold- Pack auf den Knöchel, Arnika innerlich und äußerlich.

Donnerstag. Kind 1 kann den Knöchel nicht belasten. Arzttermin. Kind 2 muss zur Kieferorthopädin, Termin steht seit Ewigkeiten fest. Alle Arzttermine dauern derzeit länger, weil wir keine elektronischen Gesundheitskarten wollen. Jedesmal: Nein, ich habe keine Karte, ich brauche die Fax- Nummer ihrer Praxis. Krankenkasse anrufen, Bescheinigung anfordern, aufs Fax warten, Unmut des Personals ignorieren, drankommen.

Macht in vier Tagen summa summarum ca. 8- 9 Stunden Unvorhergesehenes. Ich verbiete mir, wegen  Unproduktivität auf mir herumzuhacken. Schnauze halten, Über- Ich!

Ich bin Freiberuflerin. Flexibilität steht in meiner Branche (Dienstleistung im Gesundheitswesen) hoch im Kurs. Flexibilität ist nötig, um Job, Kinder und Haushalt unter einen Hut zu bringen.  Manchmal bin ich neidisch auf meinen Mann, der es sich leisten kann, fokussiert und ohne Unterbrechung zu arbeiten. Der nach seiner anderthalbjährigen Elternzeit heilfroh war, wieder arbeiten gehen zu dürfen.  Der die Ergebnisse seiner Arbeit sehen kann. Das Ergebnis meiner Arbeit ist, wenn  nichts zu sehen ist, was der Zuwendung bedarf. Und dieser Zustand tritt selten ein und hat eine Halbwertszeit, die nicht der Rede wert ist.

 

 

 

 

 

 

Parallelgesellschaft

Pa­r­al­lel­ge­sell­schaft, die

Substantiv, feminin, von einer Minderheit gebildete, in einem Land neben der Gesellschaft der Mehrheit existierende Gesellschaft (Duden)

Kreisausschusssitzung. Beginnt mit der Vorstellung eines Konzepts zur Verbesserung des Verhaltens des hiesigen Fliesgewässers. Ein Bach. Dessen Ufer müssen hier renaturiert werden, dort muss das Bachbett aufgefüllt werden um die Auenlandschaft und die Hochwasseretension zu unterstützen. Es gab Beschwerden über die mangelnde Pflege der Randstreifen innerorts, die sollen jetzt  ausserorts naturnah sein und innerorts soll dem Bedürfnis nach ordentlich gemähtem Uferbereich Rechnung getragen werden. In einem wirtschaftlich besonders abgehängten Dorf wird es einen Kiesstrand geben- mit direktem Bachzugang zum Zwecke der Tourismusförderung. Es ist viel die Rede von “Konzept”, “Projekt”, “EU – Förderung”.

“Im Haushaltsplan 2015 stehen 5.000 € Eigenmittel des Kreises zur Umsetzung erster Maßnahmen aus dem Gewässerentwicklungskonzept zur Verfügung. Bei einer zu erwartenden Förderquote von 90 % können Projekte mit Kosten bis zu 50.000 € angegangen werden.”

Schöne Idee.

Nächster Tagesordnungspunkt. Kosten des Schulessens. Mehrere Familie können die Kosten nicht tragen und sind im Durchschnitt ca. 500 Euro im Minus. Bei Ratenzahlung in Höhe von 5,00 Euro pro Monat zahlen die Familien daran etwas über zwei Jahre.  Die Sitzungsleitung verweist hier darauf, dass jede finanzielle Unterstützung eine “Freiwilige Leistung” ist.  Derzeit: Vollstreckungsverfahren. Zu erwartender Rücklauf- optimistisch geschätzt: insgesamt ca. 500 Euro. Kosten der Vollstreckungsverfahren: 200 Euro.  Zur Entlastung der von Armut betroffenen Familien steht kein Armutsentlastungskonzept zur Verfügung, keine Förderquote,  kein EU- Projekt.

 

Kinder, Kommune.

Kommune f . erw. fach “Gemeinde” (<13.Jh.). ..entlehnt aus afrz. commune, dieses aus ml. communia, einer Substantivierung von 1. communis  “gemeinsam, gewöhnlich” (Kluge, Etymologisches Wörterbuch)

Wie schön: “gemeinsam, gewöhnlich.”

Wochenende. Meine Tochter hat 1 Freundin zu Besuch, mein Sohn 2 Freunde. Macht 5 Kinder, 4 Handys, 1 Laptop. Die Mädels sitzen auf der Couch im Büro, spielen irgendwas, bei dem Schafe plötzlich auftauchen, der elektronische Austausch von Gütern und die  Verhandlungen darüber (in Echtzeit) im Vordergrund stehen. Im Hintergrund läuft ein Hörspiel via You Tube. Ich setze mich an den PC, bin nach vorn konzentriert und genieße die Dialoge im Hintergrund.

Die Jungs kommen vom Hundesspaziergang zurück, der Raum füllt sich, das Dreiersofa samt Hocker ist jetzt von 5 Kindern belegt. Jetzt kommt mein Mann, auf dem Fuß folgt der Hund. Die Mädels ziehen sich zurück. Der Hund legt sich vor den Ofen. Mein Mann setzt sich vor den PC. Die Jungs gehen nach nebenan ins Zimmer meines Sohnes.

Ruhe.

Plötzlich Aufruhr: 3 Jungs mit drei schaumstoffverschiessenden Plastikgewehren. Rennen. Schreien. “Hallo- ich hab dich so übelst attackiert!”  “Drei!” ” Shit, mein Magazin klemmt!”

Ich : “Och nee, raus mit euch! Das ist mir zu laut. ” Die: ” Draußen ist es dunkel, da finden wir die Munition nicht wieder.” Idee: “Wir gehn runter!” Okay.

Ich unterbreche meine  Arbeit, drehe mir eine Zigarette, denke über das Abendessen nach. Ich will nicht für 8 Hungrige Kartoffeln schälen. Also: Nudeln. Tomatensosse. Unten tobt die Schlacht.

(Tomatensosse: 6 Knoblauchzehen mit 1 geschnittenen Zwiebel, 2 Peperoncini, 5 Basilikumblättern und 5 kleingehackten Anchovisfilets in Olivenöl anschwitzen- ohne dass der Knoblauch Farbe annimmt.  3 kleine Dosen geschälte Tomaten abgiessen und den Saft abspülen, dazugeben. Salz, Pfeffer, 1 Teel. Zucker darüber,  Tomaten mit der Gabel zerdrücken. Deckel drauf, 20 Min. köcheln lassen. über 1 Kg gekochte Spaghetti geben,  durchrühren. Parmesan dazu.)

Gemeinsam. Gewöhnlich.

Zusammentreffen, zurückziehen, um Raum verhandeln, Bedürfnisse formulieren, Kompromisse aushandeln. Kurz kuscheln, kurz schimpfen, fix Tisch decken. Gemeinsam. Gewöhnlich.

 

 

 

 

Start m (<19.Jh.)

 

Start m (<19.Jh.) Aus neuenglisch start entlehnt. Dieses ist entfernt mit stürzen verwandt. (Kluge, Ethymologisches Wörterbuch)

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Ja. Wilkommen :).

Freitag abend, viertel nach zehn. Bis hierhin bin ich nun gekommen- und es ist wie im richtigen Leben: Es gibt in diesem Programm Standardeinstellungen ohne jeden Schnörkel, zunächst benutzbar. Jeder Schnörkel, jede Farbschemaänderung, jedes Hinzufügen von Bildern kostet Energie, Zeit, ist Aufwand. Ich neige auch in Echtzeit nicht zur saisonalen Dekoration, die will je nachdem abgestaubt , ausgetauscht, auf alle Fälle mit Aufmerksamkeit bedacht werden. So vergeht der Tag mit sinnloser Wartungsarbeit, das will ich nicht, ich bin eine große Freundin von kleinem Gepäck. Und manche Dinge will ich um mich haben, dann mache ich mir die Mühe. So werde ich mich mit der Zeit auch hier einrichten.

So geht es mir immer- ich komme vom Detail aufs Allgemeine und umgekehrt, von der Struktur zum Inhalt und zurück. Deshalb vermutlich meine Liebe zur Politik- Wieviel Struktur ist hilfreich? Wie soll die Struktur sein, die dem guten Inhalt den Raum zur Verfügung stellt? Und im Umkehrschluss- welche Struktur verhindert den guten Inhalt für die Vielen?  Und welche Inhalte (der Wenigen) werden in dieser hinderlichen Struktur verwirklicht?

Politik ist in meinem Verständnis die Organisation des Gemeinwesens, politisch legen wir die Regeln der Teilhabe fest. Meine Bedürfnisse und die der Menschen um mich herum werden  im Alltag sichtbar- wieviel Geld brauche ich zum Leben, wie erwirtschafte ich das- oder warum kann ich es nicht erwirtschaften? Wer kümmert sich um die Kinder, wer macht die Wäsche, wieviel Zeit brauche ich wofür?

Okay, darum gehts hier: um Wäsche, um Dinge, um Zeit, um Beziehungen, um Regeln und wer sie warum wann festgelegt hat- und ob wir das so wollen und wenn nicht: Was ist zu tun?